Warten auf Frau Holle
Freies Wort vom 21.11.2012
Der im WSV Oberhof 05 vereinte regionale Biathlon-Nachwuchs ist fit für die neue Saison. Nach dem Ranglistenfinale der Sommer-Herbst-Serie steht ein Rennsteig-Quartett an der Spitze der Gesamtwertung.
Von Werner Bache
Großbreitenbach –Acht Formklausuren standen seit Mai dieses Jahres für die elf-bis 15-Jährigen Biathletinnen bzw. Biathleten per Leichtathletik, Inliner-und Skirollerrennen sowie Crossläufen auf dem Programm. Die abschließende neunte Station war mit dem Athletik-Achtkampf in der Großbreitenbacher Sporthalle ein knallharter Test hinsichtlich der allseitigen körperlicher Ausbildung.
Für die Schützlinge der Trainer Herbert Wiegand und Gerd Haucke aus der Oberhofer Ski-Jägerschaft gab es nach dem Mix aus Klimmziehen, Rollbrettziehen, Hindernislauf, Seilspringen und weiteren Disziplinen vier Podestränge. Die13-jährige Anna-Maria Richter dominierte in der Tageswertung und wies in einigen Teildisziplinen herausragende Ergebnisse auf, die über ihre Altersklasse hinaus Spitzenwerte darstellten. So wirbelte die1,62 Meter große Siebtklässlerin vom Oberhofer Gymnasium zu 172 Seilsprüngen in einer Minute und brachte es auf 16 lupenreine Klimmzüge in der gleichen Zeit. Hinzu kamen starke 22,9 Meter bei der Zehn-Schrittsprung-Folge. Auch in einer der verrücktesten Übungen – es musste je 30 Sekunden mit verbundenen Augenbewegungslos auf einem Bein gestanden werden – holte sie die Höchstpunktzahl zehn.
Der ziehende Holländer
Der Suhler Julian Hollandt hatte in der nahezu siebenmonatigen Ranglistenserie schon fünf Tagessiege errungen. Diesmal in Großbreitenbach wurde der Schüler der achten Klasse Zweiter, denn Stefan Röttig aus Frankenhain war um zwei winzige Punkte besser. Nicht annähernd erreicht von der Konkurrenz in allen Alterskategorien wurden allerdings die 24 Klimmzüge des „ziehenden Holländers“. Damit stellte er einen Rekord auf, der lange Bestand haben dürfte.
Auch die beiden 15-jährigen Victoria Sebastian aus Zella-Mehlis mit Silber und Paul Ader aus Suhl-Goldlauter mit Bronze trugen zur hervorragenden Oberhofer Ausbeute bei.
Entsprechend positiv fiel das Fazit von Herbert Wiegand, dem Trainer des regionalen Biathlonnachwuchses, aus. Er erläuterte: „Wir trainieren gerade in diesen Altersklassen im gesamten Jahr sehr vielseitig. Aber für so einen Achtkampf wie in Großbreitenbach muss man etwa drei Wochen vorher die eine oder andere Übung etwas spezieller vorbereiten, zumal mitunter ziemlich hohe Ansprüche an die technischen und die koordinativen Abläufe bestehen.“
Nahe am Punktemaximum
Der mehrmonatige Trainings-Mix trug insgesamt reife Früchte, denn in Großbreitenbach wurde zugleich ein Schlussstrich unter die am 5. Mai gestartete Sommer-Herbst-Serie bei den Ranglistenwettkämpfen für die Thüringenauswahl gezogen. Die Auswertung ergab für die Talente aus Oberhof vier Siege. Den 120 möglichen Wertungspunkten kamen dabei Selina Frohberger (96/Altersklasse 12), Luca Dröge (109/Altersklasse 12), Anna-Maria Richter (114/Altersklasse 13) und Julian Hollandt (107/Altersklasse15) an nächsten. Auch der Benshäuser Philip Usbeck durfte mit seinen 75 Zählern in der Altersklasse 15 zufrieden sein. Übrigens ist es bis zum Start in die Winter-Serie nicht mehr weit. Sofern Frau Holle und Väterchen Frost gut gelaunt sind, gibt es den Auftakt am 8. und 9. Dezember in der Weltcup-Arena und auf dem nebenan liegenden Alpinhang im Rahmen der feierlichen Saisoneröffnung des Thüringer Skiverbandes.
Paul Ader,Philip Usbeck und Julian Hollandt (von links)gehören zu den besten Nachwuchs-Skijägern in der Altersklasse 15.
Foto: Bache
Thüringer Nationalmannschaft
Freies Wort vom 03.11.2012
Oberhof – Wenn am Montag in Nordamerika die neue Weltcup-und WM-Saison startet, hat im Vorfeld eine „Thüringer Nationalmannschaft“ der Skeletoni für mächtig Furore gesorgt. Fünf der sechs deutschen Damen und Herren kommen aus Vereinen des Freistaates. Vor dem Abflug über den großen Teich am Freitag sprachen wir mit dem Youngster-Duo vom BSR Rennsteig Oberhof, Alexander Kröckel (22, Polizeimeister-Anwärter) und Christopher Grotheer (20, Abiturient) über die Entwicklung vom Skispringer zum Flachschlitten-Piloten.
Wie fällt denn das Fazit der gut vierwöchigen Qualifikation auf den deutschen Bahnen aus?
Kröckel: Nachdem es in meinem ersten Männerjahr recht gut lief, wäre alles andere als sich nicht für das
Weltcupteam zu qualifizieren, schon eine Enttäuschung gewesen. Nach dem vierten Rang im Startwettkampf
im September in Oberhof gab es danach auf den Bahnen mit dem Titel bei den Deutschen Meisterschaften als Höhepunkt zwei Siege und zum Abschluss in Königssee einmal Rang zwei.
Grotheer: Im Frühjahr war ich wegen eines eingeklemmten Nervens im Training schon arg gehandicapt. Der Sieg beim Startwettkampf in Oberhof vor rund vier Wochen stimmte mich dann schon etwas optimistisch. Zu verlieren hatte ich nichts. In Altenberg hatte ich als Dritter einen leichten Hänger. Danach habe ich mich jedoch im
Spitzentrio, etwas humorvoll gesagt, festgefahren.
Die Nominierung durch den Bundestrainer Jens Müller ist dennoch eine überaus erfreuliche Überraschung.
Apropos Nominierung für das A-Team im erfolgreichsten Land der Kufenwelt ist nicht gerade ein Zuckerschlecken! Nun gleich fünf Thüringer im BSD-Sextett. Ist man schon etwas stolz?
Kröckel: Wir sind halt die Thüringer Nationalmannschaft unseres deutschen Verbandes. Aber Scherz beiseite. Wichtig ist doch, dass wir erfolgreich sind. Da spielt doch die Bundeslandherkunft keine Rolle. Der Hammer ist allerdings, dass wir beide sowie Marion Thees, Kathleen Lorenz und Frank Rommel alle aus der Oberhofer Trainingsgruppe von Frank Schwarz kommen. Wir Jüngeren haben von dem gemeinsamen Powern unglaublich viel profitiert.
Man kennt Sie beide noch als Skispringer. Wie kam es denn zum Umstieg auf den Schlitten?
Kröckel: Als echter Oberhofer fängt man mit dem Skisport an. Bei mir war es das Skispringen. Ich schaffte es auch ans Gymnasium. 2005 hatte ich zwei etwas heftigere Stürze. Eine „Blockierung“ blieb im Kopf zurück und der damalige Landestrainer Rainer Schmidt meinte, dass es mit der Schanzen-Perspektive nicht gut aussieht. Ohne Wintersport, nein, das war nichts für mich. Also bin ich ein paar Mal versuchsweise mit dem Flachschlitten gerutscht. Frank Schwarz hat mich in seine Gruppe der Älteren aufgenommen. Das folgende harte Training hat sich gelohnt.
Grotheer: Ich bin als Skispringer aus Wernigerode gekommen. Bei mir war es genauso wie bei Alex. Allerdings erst 2007. Damals wurden erstmals angehende Jugendliche vermehrt ins Skeletontraining mit aufgenommen. Frank Schwarz betonte immer wieder: „Ihr Skispringer mit so einer vielseitigen Ausbildung, mit Schnellkraft und
an Tempo gewöhnt, ihr dürft dem Sport nicht verloren gehen. Wir versuchen es. Es war wie bei Alex der richtige
Schritt.
Alexander, Sie haben schon Nordamerika-Erfahrung, unter anderem mit dem Titel bei der Junioren-WM 2011 in Park City. Welche aktuellen Ziele haben Sie?
Kröckel: Ich möchte in Lake Placid, Park City und Whistler vorn mitmischen. Worauf ich mich ganz besonders freue, ist die spontane Begeisterung vieler Leute an der Bahn. Das wünsche ich mir bei uns ähnlich.
Grotheer: Für mich ist es der erste Flug nach Übersee überhaupt. Ich will jede Menge Erfahrungen sammeln. Hinzu
kommt die Vorfreude auf mir unbekannte Olympiabahnen.
Oberhofer greifen an: Alexander Kröckel (links) und Christopher Grotheer.
Foto: Bache