Gold für Zella-MehlisDer Lauf ihres Lebens zu Olympia-Gold

 
Das wohl überraschendste Olympia-Gold, das je nach Zella-Mehlis ging: Victoria Carl (rechts) freut sich mit Katharina Hennig über den sensationellen Langlauf-Sieg. (Foto:  )
Während in der Heimat Vorbereitungen auf angekündigte Orkanböen getroffen werden, ist ein richtiger Orkan bereits am Morgen durch die Gefühlswelt aller gerauscht, die Victoria Carl beim Lauf ihres Lebens zu Gold zugesehen haben.

Zella-Mehlis - Überwältigt. Sprachlos. Begeistert. Fassungslos. Überrascht. Herzrasen. Gefühlschaos pur. Dass Skilangläuferin Victoria Carl aus Zella-Mehlis für einen sensationellen Erfolg, für Gold im olympischen Teamsprint-Wettbewerb sorgen würde, damit hatte niemand rechnen können. Wie auch? Schließlich sollten Katharina Hennig und Katherine Sauerbrey an den Start gehen. Es kam anders. Aus Hennig – Sauerbrey wurde kurzfristig das Paar Hennig – Carl.

Auch beim SC Motor Zella-Mehlis, Victoria Carls Verein, war die Überraschung groß. Hatte man am Samstag zuvor noch gemeinsam auf Silber hingefiebert, schauten die meisten Vereinsmitglieder am Mittwochmorgen separat. Nicht so der Geschäftsführer des Vereins. „Doch erst mit dem Start haben wir realisiert, das Vici läuft“, sagte Joachim Oehler, der sich den Wettkampf mit Klaus Spies, Präsident Thomas Weiß und Übungsleiter Günter Beutel angesehen hat. „Es war nichts organisiert, da wir ja wussten, dass niemand von uns laufen sollte. Und dann erlebten wir diesen außergewöhnlichen Moment in kleiner Runde, mit lautem Schreien“, ist er noch immer überwältigt.

„Was für ein Krimi!“

Was die kleine Truppe gemeinsam erlebte, spielte sich ähnlich vor vielen Bildschirmen ab. „Wahnsinn! Einfach nur fertig mit der Welt“, war Gabriele Schneider, als ihr der Gewinn dieser unerwarteten Medaille bewusst wurde. „Wer danach ins Ziel gelaufen ist, das haben wir gar nicht mehr mitbekommen“, so die Schatzmeisterin des Vereins. Glück pur empfand Ursula Jäger, als sie das spannende Finale gesehen hatte, bei dem sich die deutschen Langläuferinnen Katharina Hennig und Victoria Carl vor den Damen aus Schweden und Russland durchsetzten. „Was für ein Krimi!“, so die einstige Leiterin des Kindergartens „Kindernest Rodebach“ in Zella-Mehlis. In Patenschaft mit dem SC Motor lernte hier auch die erfolgreiche Sportlerin Victoria Carl die ersten Schritte auf Skiern. Ihre erste Übungsleiterin damals: Renate Dannhauer, Olympia-Teilnehmerin 1960 und 1964.

Die Sensation konnte gar nicht verdaut werden, als auch schon die Telefone heiß klingelten. Dann die spontane Idee, zu einer Gold-Kaffee-Runde in die Geschäftsstelle des Vereins einzuladen. Mit dabei viele derer, die Victoria Carl auf ihrem sportlichen Weg begleitet haben. Günter Beutel, der sie zwei Jahre trainierte, bevor sie zum Sportgymnasium wechselte. Wolfgang Scheler, der Vici – wie sie von allen genannt wird – vom sechsten bis elften Lebensjahr sportlich formte. Und auch Renate Dannhauer. Die heute 84-Jährige hat Victoria Carl als erste Übungsleiterin unter ihre Fittiche genommen. Ungemein groß ist auch ihre Freude über den Erfolg. „Ich habe mir den Wettkampf angeschaut und es ging mir richtig gut dabei“, sagte sie am Nachmittag. Verbunden mit der Hoffnung, dass diese Ergebnisse nicht abreißen mögen. „Victoria hatte aber auch einen richtig guten Ski“, so ihr fachlicher Blick. Dass das Ergebnis ein weiteres gutes Zeichen für den Verein und für die Motivation des Nachwuchses ist, darüber herrschte bei allen Einigkeit.

Thomas Weiß, der sich später zur Gold-Runde dazu gesellte, ist sich sicher: „Wir waren alle nah dran an Vicis Herzschlag, als sie das Ding auf der Zielgeraden zu Gold geschoben hat.“ Mit Bürgermeister Richard Rossel hat er bereits einen Empfang in der Stadt besprochen, der am 1. März stattfinden soll.

„Nichts für schwache Nerven“, bezeichnete Richard Rossel den Lauf zur Goldmedaille. „Mit zwei olympischen Medaillen kommt Vici zurück in ihre Heimatstadt, die unendlich stolz auf sie ist. Dass sie diese unglaubliche Leistung abrufen konnte, war unglaublich. Wir freuen uns mit ihr und mit allen, die sie auf dem weiten Weg bis zu diesen Erfolgen begleitet und unterstützt haben. An erster Stelle ihre Familie und ihre Trainer.“

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