Doch nach dem Bronzerang sah es zunächst gar nicht aus. „Ich habe schon gehofft, dass ich hier eine Medaille gewinne. Nach dem ersten Lauf war ich allerdings ziemlich unzufrieden“, sagte Gräfe, der dennoch auf Rang vier einfuhr. Aufbauarbeit im Zielhaus leistete kein Geringerer als Bob-Legende André Lange, der das deutsche Team in Innsbruck betreut. Gräfe: „André sagte zu mir: „Ich weiß, was du kannst. Zeige es einfach! Und selbst wenn du hier keinen Geier reißt – ein guter Verlierer ist nur derjenige, der dennoch alles gegeben hat.“ Diese Worte bewirkten Wunder. Mit der zweitbesten Laufzeit in Durchgang zwei sicherte sich Gräfe hinter Olympiasieger Christian Paffe (Hallenberg) und dem Letten Riks Kristens Rozitis Bronze. Ein nicht alltäglicher Erfolg. Das nächste Highlight ließ allerdings nicht lange auf sich warten. Denn wie es sich für Olympische Spiele gehört, durfte die offizielle Medaillenzeremonie nicht fehlen. „Das war Gänsehaut pur, und Gänsehaut ist noch untertrieben. Bei den großen Spielen sind zwar noch viel mehr Zuschauer bei der Medaillenübergabe, aber die 300 bis 400 haben mir auch schon gereicht“, so Gräfe.

Familie macht Stimmung

Die treusten Fans hatte der aus Unterpörlitz stammende Bronzemedaillengewinner direkt aus der Heimat mitgebracht. „Meine Mutter, mein Stiefvater, meine Schwester und meine Oma haben mich am Streckenrand unterstützt. Unglaublich, was die für eine Stimmung gemacht haben“, sagte Gräfe. Für Mutter Katrina eine Selbstverständlichkeit: „Freude, Glückstränen, es waren so viele Gefühle im Spiel. Das müssen wir jetzt erst mal etwas sacken lassen, um es auch wirklich zu verstehen.“ Gestern reiste Gräfes Familie, für die sich der Ausflug nach Tirol mehr als gelohnt hat, zurück nach Thüringen. „Wir fahren zu vielen Rennen von Toni. Sonst würden wir ihn nur selten sehen. Was er da geleistet hat, ist unglaublich. Wir sind unheimlich stolz auf ihn“, sagte Katrina Gräfe. Untergebracht ist Toni Gräfe wie das gesamte deutsche Team im Innsbrucker Jugenddorf. „Wir wohnen in einem separaten Haus, haben aber so viel Platz, dass auch noch ein paar Tschechen und Inder bei uns wohnen. Die Atmosphäre passt, genauso wie das Essen“, sagte der junge Rennrodler, der auf eine kleine Kritik nicht verzichten konnte: „Die Stimmung ist eigentlich super, nur die Eishockey-Mädels zicken ein wenig rum. Dem Problem kann man aber aus dem Weg gehen.“ Wie die Profis um Hüfner, Loch und Co. ist auch der deutsche Rennrodel-Nachwuchs aus der Weltspitze nicht mehr wegzudenken. Nach Gold und Bronze bei den Männern holten die Schlitten-Junioren zudem Silber in der Frauenkonkurrenz, im Doppel sowie der Mixed-Staffel. Dass Olympiasieger Paffe in der Staffel an den Start ging, nahm Toni Gräfe sportlich: „Wir sind ein Team und wollen auch so auftreten. Dementsprechend geben wir uns Tipps und unterstützen uns gegenseitig. Ich kann zufrieden sein. Mein Ziel war eine Medaille, und wenn ich jetzt nach unten auf meine Brust schaue, kann ich sie sehen.“

Cebulla und Carl Sechste

Mit sehr guten Platzierungen warteten die deutschen Langläufer in ihren Auftaktwettbewerben in Seefeld auf. Über zehn Kilometer in der klassischen Technik belegten Christian Stiebritz und Marius Cebulla, die beide für den WSV Goldlauter-Heidersbach starten, beim Sieg des Russen Alexander Seljanikow die Ränge sechs und zwölf. Bei den Frauen lag Victoria Carl vom SCM Zella-Mehlis als Sechste einen Platz vor Julia Belger (Oberwiesenthal). Nicht zu schlagen war die Russin Anastasija Sedowa.“ (Freies Wort vom19.1.2012)