Da war noch mehr Thüringen möglich

Biathlon

Am Mittwoch beginnen die Nachwuchs-Weltmeisterschaften in Schweden. 16 Starter hat der Deutsche Skiverband nominiert, vier von ihnen kommen aus Thüringen. Bei manchem Skijäger entschied ein Schuss über die Teilnahme am Saisonhöhepunkt.

Von Karsten Tischer, Freies Wort vom 25.02.2025

OBERHOF. Hätte, hätte, Trefferkette: Im Biathlon kann ein Schuss ins Schwarze oder eben daneben über alles entscheiden. Manchmal über eine ganze Saison. Nils Schneiderling vom WSV Rotterode kann davon wahrscheinlich ein Liedchen singen. Was wäre gewesen, wenn er am zweiten Wettkampftag der Deutschen Nachwuchs Meisterschaften vor gut zwei Wochen im letzten Stehendschießen des 12,5-km-Massenstartrennens nicht zwei, sondern nur einen Fehler geschossen hätte?

Marko Danz: „Hart aber herzlich“

Trainer Marko Danz kennt die Antwort: „Wenn er hinten raus nur einen weniger schießt, ist er vor Karl Julian Schütze und bei der JWM dabei. Eine ganz einfache Rechnung. Hart aber herzlich“, sagt Danz und versucht dem mitunter gnadenlosen Alltagsgeschäft der jungen Leistungssportler auch etwas Nettes abzugewinnen. Schneiderling wird an jenem Samstag in Oberhof Sechster, Schütze 27,5 Sekunden vor ihm Fünfter.

So durfte nach den Entscheidungen bei den nationalen Titelkämpfen der Starter des WSV Oberhof seine Koffer für die Weltmeisterschaften der Jugend und Junioren in Östersund packen–die erste WM für Karl Julian Schütze. Die Wettkämpfe beginnen am Mittwoch mit den Jugend-Einzelrennen.

Zum zweiten Mal nach 2010 finden die Weltmeisterschaften des Biathlon-Nachwuchses in Schweden statt. In der Junioren Klasse dürfen Sportler derU22 starten, in der Jugend die U19. Vor einem Jahr im estnischen Otepää belegte Deutschland im Medaillenspiegel mitfünfmal Gold und je zweimal Silber und Bronze hinter Norwegen den zweiten Platz. „Wir hatten letztes Jahr eine sehr erfolgreiche JWM und möchten da gerne dran anknüpfen“, betonte folglich Mark Hoffmann, Nachwuchskoordinator beim Deutschen Skiverband (DSV), gegenüber der ARD.

 Aus Thüringer Sicht war man bereits vor der Abreise nicht ganz zufrieden. Im Junioren-Bereich hätte sich Trainer Marko Danz noch bessere Leistungen in diesem Winter und damit Nominierungen für den Saisonhöhepunkt erhofft. „Alina Nußbicker etwa war im Dezember gut dabei. Im Januar war der Abstand zur nationalen Spitze dann aber zu groß. Sie ist nicht in der Form, dass sie dort angreifen kann“, erklärt Danz. Vor einem Jahr hatte die Athletin vom SV Motor Tambach-Dietharz noch WM-Gold mit der deutschen Juniorinnen-Staffel gewonnen. Der gehörte seinerzeit auch Julia Tannheimer an, die heute im Weltcup startet und gerade von der WM in Lenzerheide zurückkehrte. Eine Thüringer Nominierte im Team der Juniorinnen gibt es in diesem Jahr nicht.

Trainer Marko Danz weiß: Im Leistungssport liegen Freud und Leid immer nah beieinander. Andererseits: „Nach einer JWM fragt in zwei, drei Jahren keiner mehr. Und bei Alina Nußbicker geht der Blick für nächstes Jahr sowieso schon auf den Seniorenbereich.“

Trotzdem: Die leichte Unzufriedenheit bleibt – auch im männlichen Lager. Drei Oberhofern ist hier der große Sprung nach Schweden nicht gelungen: Dorian Endler von der SG Dynamo Zinnwald und Albert Engelmann vom WSV Clausthal-Zellerfeld, die beide am Rennsteig trainieren, und eben Pechvogel Nils Schneiderling. „Den Dreien hätte man mehr zugetraut. Sie sind alle schon Junior Cups gelaufen. Sie haben da aber die Chance nicht genutzt, um die Big Points zu machen“, resümiert Marko Danz.

Dorian Endler litt zuletzt unter Magen Darm-Problemen. Albert Engelmann zeigte bei der deutschen Meisterschaft in Oberhof im Laufen eine gute Leistung, führte im Massenstart gar bis zur Rennmitte, schoss dann aber im dritten von vier Schießen stehend vier Fehler. Am Ende wurde er Zwölfter.

Sachsen-Import überzeugt prompt

Im weiblichen Jugendbereich kann Thüringen hingegen punkten–auch dank eines Imports aus Sachsen. Im vergangenen Sommer wechselte Sydney-Laureen Wüstling von Oberwiesenthal nach Oberhof und lieferte bei der deutschen Meisterschaft Anfang dieses Monats ab. Die 16-Jährige gewann Gold im Massenstart und mit der Staffel.

Lena Siegmund als zweite Thüringer Nominierte verpasste die deutsche Meisterschaft krankheitsbedingt, hatte zuvor aber auch international schon Podestplatzierungen erreicht wie etwa im Dezember beim Junior Cup in Ridnaun, wo die Skijägerin vom Großbreitenbacher SV Zweite wurde. Den Trainingsrückstand könne sie bis zur WM wieder aufholen, war sich Trainer Marko Danz sicher. Am Sonntag beziehungsweise Montag sind die Sportler nach Schweden aufgebrochen. Ab Mittwoch wird es ernst.

Nachwuchs-WM in Östersund: Nominierte

Die deutschen Starter: Jugend weiblich: Sydney-Laureen Wüstling (WSV Oberhof), Lena Siegmund (Großbreitenbacher SV), Melina Gaupp (DAV Ulm) und Leni Dietersberger (SC Traunstein) Jugend männlich: Hannes Lipfert (Eintracht Frankenhain), Lukas Tannheimer (DAV Ulm) und Korbinian Kübler(SC Hammer) Juniorinnen: Charlotta de Buhr(SC Aising Pang), Charlotte Gallbronner(DAV Ulm), Lea Zimmermann (SC Partenkirchen) und Alma Siegismund (SSV Altenberg) Junioren: Karl Julian Schütze (WSV Oberhof), Linus Kesper(SC Willingen), Fabian Kaskel (SC Todtnau), Leonhard Pfund (SC Bad Tölz) und Elias Seidl (SC Ruhpolding)

Freies Wort vom 25.02.2025